Faulenzertag bei Sturm und Regen
Um uns herum tobt ein Sturm. Das Auto schwankt im Wind, schlimmer als die Fähre bei der Überfahrt. An Aussteigen ist nicht zu denken, gegen den Wind schafft man es fast nicht, die Tür zu öffnen. Ich hätte gerne ein Foto von einem sich im Wind biegenden Baum gezeigt, aber Bäume oder Büsche gibt es hier ja nicht... So bleibt uns nichts übrig, als zu faulenzen, zu lesen und die Webseite zu aktualisieren, auch schön.
Dynjandi-Wasserfall
Bei immer noch schlechtem Wetter und eingehender Sturmwarnung fahren wir weiter. Auf der Straße/Piste liegen schon die ersten Steinbrocken. Immer schön drumherum fahren. Der Dynjandi ist dann schon beeindruckend. Von Weitem schon sieht man ihn an einer Fjordspitze von den hohen Felsen nach unten rauschen und je näher man kommt, um zu gewaltiger wird er. Schade, dass das Wetter nicht unbedingt zu den Vorstellungen des Hobby-Foografen passt, aber was soll es. Wir wandern den kurzen Weg hinauf, nass werden wir vom Regen und der Gischt des Wasserfalls. Und wäre das nicht schon schlimm genug, treffen wir oben am Wasserfall: 4 Pfälzer 😉
Abends laden wir (auf Heikes Vorschlag!) einen durchnässten und durchfrorenen englischen Wandersmann, der tapfer im Regen sein Essen kocht, zu uns ins Wohnmobil ein. Immer wieder interessant, mit anderen Reisenden zu plaudern.
Imposant stürzt beim Dynjandi-Wasserfall das Wasser in mehreren Kaskaden über die hohe Felswand
Zum Größenvergleich habe ich hier eine Person, die nah am Wasserfall steht, gelb markiert
Auch bei schlechtem Wetter bieten sich immer wieder tolle Ausblicke. Hier bahnen sich einzelne Sonnenstrahlen den Weg durch die dicken Wolken.
Ein fast schwarzer Berg lugt hinter dem "normalen" hervor.
Von Hotpot zu Hotpot
Vom Dynjandi-Wasserfall geht es über einen Pass, dann auf der 63 am Meer entlang. Direkt an der Küstenstraße gibt es ein kleines Schwimmbad. In der Nähe finden sich nur 2 Ferienhäuschen, sonst nix. Etwa 50m oberhalb des Schwimmbades liegt ein natürlicher Hotpot. Das haben wir uns bei diesem Wetter verdient. Nix wie rinn...
Es tobt der Wind, es ist kalt, aber in den warmen Hotpots kann man es gut aushalten.
Weiter geht es an Bildudalur vorbei, wieder über einen Pass nach Talknafjördur, bzw. durch dieses hindurch, denn etwa 2km hinter dem Ort liegt, etwas oberhalb der Straße ein 3er Hotpot. Auch hier legen wir uns ausgiebig rein und genießen das warme Wasser. Ein Wellness-Tag (also heute beim Veranstalter das Wellness-Paket gebucht ;-). Hier übernachten wir auch.
Latrabjarg - Papageientaucher
Um Talknafjördur, Patreksfjördur und Ösafjördur geht es nach Latrabjark, dem größten Vogelfelsen Europas. Dieser zieht sich über 14km von West nach Ost, ist bis 440m hoch und hier brüten jedes Jahr mehr als eine Million Seevögel. Neben der weltgrößten Tordalkenkolonie beleben hier zehntausende Papageientaucher, Lummen, Eissturmvögel und Dreizehenmöwen mit ihrem pausenlosen Geflatter und Geschnatter den senkrecht aus dem Meer ragenden Basaltfelsen. Hier hoffen wir endlich Papageientaucher aus der Nähe zu sehen. Und wie nah! Trollig sind die Kleinen und wenig ängstlich. Wenn man sich langsam nähert (der durchtrainierte Schreiber dieser Zeilen ist einer Blindschleiche ähnlich über den Boden gerobbt!), haben sie praktisch keine Fluchtdistanz. Die ersten paar Sekunden schauen sie etwas irritiert, dann fangen sie an sich zu putzen oder tun sonst was. Wahrscheinlich war diese Zutraulichkeit der Grund, warum jedes Jahr tausende dieser Vögel in den Mägen der wackeren Isländer gelandet sind (und in geringerer Stückzahl ist das heute noch so). Sie waren wohl leicht zu fangen. Wir erfreuen uns an den kleinen Wichten und schießen tolle Fotos. Doch ohne Fleiß kein Preis. Da immer noch der angedrohte Sturm tobt, ist schon das Aussteigen aus dem Auto eine Herausforderung. Vom Herantasten an den senkrechten Abgrund des Vogelfelsens ganz zu schweigen. Der Wind weht so stark, daß man sich rückwärts gegen den Wind lehnen muss, um nicht über die Kante geweht zu werden. Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich recht froh über meine rund 100kg Lebendgewicht. Heike hat da schon deutlich größere Probleme und verschwindet recht schnell wieder im Auto. Ich streune noch alleine umher. Abends geht es rund 2km zurück zu einer kostenlosen Campingwiese (auf dem Parkplatz am Leuchtturm am Vogelfelsen ist Übernachten verboten und wird wohl auch abends von einem Ranger kontrolliert). An der Campingwiese unternehmen wir noch einen windigen Strandspaziergang, doch hier in der Bucht ist die Windgeschwindigkeit erträglicher. Die Wellen sind - sturmbedingt - entsprechend hoch. Toll.
Heike ist gut gerüstet für die Vogelbeobachtung bei diesem Sauwetter.
Und dann finden wir sie...
Vogelfang und Eierklau waren lange Jahrhunderte überlebenswichtig in Island, neben Fisch oft die einzigsten Lebensmittel. Gefährlich war es auch, jedes Jahr verunglückten einige Isländer beim Klettern in den Steilwänden tödlich. Der wackere Isländer hat 3 Lummen erbeutet.
Papgeientaucher, die Zweite. Übernachten am gestrandeten Fischkutter.
Zurück noch mal zum Vogelfelsen. Heute weht etwas weniger Wind, zwar noch immer mehr als reichlich, aber man kann sich der Kante gefahrloser nähern. Heute sind noch mehr Papageientaucher auf den Felsen. Noch mehr Fotos und Videos und einfach beobachten. Klasse. Doch nach 2 Stunden sind wir gut durchgefrohren und wärmen uns mit einer leckeren Bouillon. Während wir das Heißgetränk geniessen, erfreuen wir uns schadenfroh an den Problemen, die die anderen Touris beim Ein- und Aussteigen und beim An- und Ausziehen der Jacken, Mützen und Handschuhe bei dem stürmischen Wind haben. Wohl dem, der das windgeschützt im Wohnmobil machen kann.
Dann geht es weiter durch den Raudasandur zurück zum Ösafjördur, wo wir unser Nachtlager direkt neben einem gestrandeten Fischkutter aufschlagen. Später steht noch ein Landrover mit deutschem Kennzeichen neben uns, aber die Insassen haben wohl kein Interesse an Smalltalk.
Hier hat die Natur ganze Arbeit geleistet. Ein wirklich schönes Tier.
Papgeientaucher kommen nur zur Brut und Aufzucht der Jungen für etwa 8 bis 10 Wochen an Land. Den Rest des Jahres leben sie schwimmend auf hoher See, haben also monatelang keinen festen Boden unter den Schwimmfüßen.
Tja, aus der Entfernung wird das nicht viel mit den Fotos. Da muß man sich schon näher ran trauen.
Unser Schneggsche neben dem ältesten isländischen Stahlschiff (Baujahr 1912, hier gestrandet 1981)
Waschtag (für uns und unsere Kleider), Reparaturarbeiten
Endlich wieder besseres Wetter. Der Wind hat auch nachgelassen. Alles ist gut...
Mal wieder über einen Pass, dann am Fjord entlang. So geht das viele Kilometer in den Westfjorden. In der Nähe von Flokalundur finden wir einen herrlichen natürlichen Hotpot direkt am steinigen Strand. Bei dem schönen Wetter bleiben wir doch da gleich mal 2 Stunden im Wasser. Wir teilen uns das kleine Becken mit einem deutsch/ isländischen Päärchen, mit dem wir uns angenehm unterhalten.
Schon wieder Wellness. Hotpot direkt am steinigen Strand. So kann man es aushalten...
An der Spitze des Kjalkafördur finden wir einen schönen Stellplatz und da endlich mal die Sonne scheint, steht Wäsche waschen auf dem Programm. Waschen wäre ja die letzten Tage kein Problem gewesen, aber das Trocknen... Während Heike die Waschfrau gibt, kümmere ich mich um zwei Reparaturarbeiten: zum Einen wieder mal um den Dachträger (mittlerweile habe ich ernste Bedenken, ob wir diesen wieder mit zurückbringen, zumindest auf dem Dach) und zum Zweiten um den Ventilator des Lüftungsgebläses. Dieser ist vor 3 Tagen ausgefallen und fahren ohne funktionierende Heizung macht bei diesen Temperaturen nicht wirklich Freude. Nach Ausbau des Lüfterkastens, reinigen und schmieren des Lüfters und Entrosten der Kontakte, läuft der Ventilator jetzt wieder in den Stufen 2 und 3. Immerhin. Übrigens sind in dem Ding Widerstände verbaut, die wohl die Wehrmacht beim Russlandfeldzug als zu alt ausgemustert hatte.
Immer um die Fjorde rum...
Die Küstenstraße zieht sich, Fjord um Fjord wird umrundet. Immer wieder wechselt das Bild. Leider hat sich heute nach dem gestrigen Sonnentag wieder die isländische Tropfensonne durchgesetzt. Aber egal. Wir geniesen die langsame Fahrt um die Fjorde. Immer wieder säumen Schneefelder unseren Weg, meist in Felseinschnitten, in denen der Schnee im Winter meterdick eingeweht wird. Da dort auch in der Regel Wasserläufe zu finden sind, entstehen dann interessante Schneehöhlen oder -tunnel.
Im Juli auf Meeresniveau. Das Eis ist noch mehrere Meter dick, in der Höhle kann ich locker springen. Trotz dem langen Rücken (für Insider).
In Island werden viele Pisten zu Straßen ausgebaut, auch in menschenleeren Gebieten. Hier soll wohl noch mehr auf den Massentourismus gesetzt werden. Auch hier in den südlichen Westfjorden, wird überall die Küstenstraße ausgebaut. Uns gefällt das natürlich weniger. Aber hier geht es ums große (Touristen-)Geld, auch wieder verständlich.
Oft wird neben der Piste eine neue geschoben und später geteert.
Material wird direkt vor Ort hergestellt.
Was wir ökologisch für sehr bedenklich halten, ist, dass viele Fjorde durch einen Damm mit Brücke "abgekürzt" werden. Es wird ein langer Damm aufgeschoben und in der Mitte eine Brücke für den Wasserabfluss gebaut (in der Regel fließen in den Fjordspitzen große Mengen Wasser ins Meer). Durch den ständigen Süßwasserzufluss und den kleinen Durchgang zum Meer werden diese abgetrennten Bereiche wohl deutlich weniger Salzgehalt aufweisen. Mit den entsprechenden Auswirkungen auf die Flora und Fauna. Nur damit die Busse schneller ans Ziel kommen. Geld regiert die Welt...
Auf unserem weiteren Weg kommen wir an einem typischen isländischen "Flughafen" vorbei. In der Tat gibt es im ganzen Land relativ viele Landpisten, um im Ernstfall schnell irgendwo hinzukommen. Oft steht dort kein Haus im Umkreis von vielen Kilometern. Meist besteht so ein Flughafen nur aus einer geschobenen Piste und einem Mast mit Windsack. Natürlich gibt es auch "richtige" Inlandsflughäfen, die ein kleines Gebäude haben, manchmal sogar einen Tower (ein kleiner Erker an dem Gebäude). Hier haben wir ein lustiges Exemplar. Der "Terminal" ist die Kabine eines kleinen alten Fischkutters...
Na, ob man zu diesen Zielen auch von diesem Flughafen fliegen kann. Ich weiß nicht so recht...
Während ich diese Zeilen schreibe, führt die deutsche Fußball-Nationalmannschaft mit 5:0 gegen den WM-Gastgeber Brasilien. Es läuft die 58. Minute. Das sollte wirklich reichen. Heute gibt es den Pastis schon früher...