Auf unserer Rundreise durch die alten ehemals deutschen Dörfer in Siebenbürgen, haben wir uns viele Kirchenburgen angeschaut. Manche toll restauriert und touristisch erschlossen, andere zerfallen und teilweise wild besiedelt. Am meisten beeindruckt hat uns jedoch der Besuch der Wehrkirche in Hetzeldorf (rum. Ațel). Weniger wegen der Kirchenburg an sich, sondern wegen dem Burgwächter. Aber der Reihe nach...
Direkt gegenüber der Kirche liegt das evangelische Altersheim, in dem noch 27 alte Deutsche leben (Stand Sommer 2015). Hier kann man auch nach dem Schlüssel für die Kirchenburg fragen... oder nach "Hans Onkel"...
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Zunächst steigen wir hoch hinauf auf den Wehrturm und genießen die Aussicht...
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... über Hetzeldorf. Man kann schön die typische Bauweise der Straßendörfer mit den langen Häusern, die mit der schmalen Seite zur Straße stehen, erkennen.
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Auf dem Weg nach unten begutachten wir die gut erhaltene Orgel. Alles ist liebevoll angerichtet und gepflegt.
Doch auch die Schäden sind gut dokumentiert.
Auch der Rest der Kirche ist sauber, aufgeräumt und gepflegt...
Das die Kirchenburg so gut in Schuss ist, ist nicht der Unesco, der EU, der evangelischen Kirche oder dem rumänischen Staat zu verdanken. Es ist der alte Burgwächter, seit Jahren Bewohner des neben der Kirche liegenden Altenheims, der hier in der Betreuung der Kirchenburg seine Lebensaufgabe gefunden hat. Mit viel Freude, Geduld und Zeit führt er die Besucher durch die alten Mauern. Er erzählt Geschichten und singt am Taufbecken das traditionelle Tauflied vor. Die Bewohner des Ortes nennen in liebevoll "Hans Onkel" und wir haben selten jemanden erlebt, der mit so viel Freude seiner Berufung nachgeht. Möge der Herrgott ihm noch viele Jahre schenken, in denen er Besucher in der Kirchenburg von Hetzeldorf empfangen kann. Jedem, der Kirchenburgen besuchen möchte, können wir einen Abstecher nach Hetzeldorf nur empfehlen. Und einen Rundgang mit "Hans Onkel", der auch bis heute noch die Glocken von Hand läutet, bei Beerdigungen eine ganze Stunde lang! Besucht ihn, er hat uns gebeten zu schreiben, dass jeder herzlich nach Hetzeldorf eingeladen ist.
"Hans Onkel" (eigentlich Johann Klatt), der Burgwächter von Hetzeldorf
Nachtrag 2020
Bei unserem Besuch im Jahre 2020 haben wir leider erfahren, daß "Hans Onkel" schon im Herbst 2015 plötzlich verstorben ist, also nur 2 Monate, nachdem er uns die Kirchenburg gezeigt hat. Traurig haben wir auf dem evangelischen Friedhof im Ort sein Grab gesucht, aber nicht gefunden. Auf Nachfrage beim Kirchenkreis haben wir erfahren, daß er mittellos gestorben ist und somit kein Grabstein sein Grab kennzeichnet.
Nachtrag 2021
Es hat uns schon bei unserem Besuch im Jahre 2020 keine Ruhe gelassen, daß "Hans Onkel" ohne Grabstein beerdigt wurde. Das wollten und konnten wir so nicht hinnehmen. Also haben wir schon auf der Rückreise 2020 mit einem Grabsteinmacher in Rumänien gesprochen. Auf unserer Tour in 2021 haben wir dann eine Grabplatte bei dem Grabsteinmacher anfertigen lassen und diese nach Hetzeldorf gebracht. Natürlich lief diese Aktion - typisch für Rumänien - nicht ganz "unfallfrei" ab und reiht sich ein in die vielen kleinen Geschichten, die so typisch für Rumänien sind. Jedenfalls hat "Hans Onkel" jetzt seinen Grabstein und er wird uns immer im Gedächtnis bleiben. Wer die Geschichte von der Anfertigung, dem Transport und dem Setzen des Steines lesen will, findet diese hier.