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Mercedes-Benz 1222AF

Nach einigen Jahren, in denen Heike und Markus in einem MAN G90 (mit Bundeswehr-Shelter FM2 von Zeppelin) unterwegs waren, fiel die Entscheidung, das Fahrgestell auszutauschen. Die Entscheidung viel auf einen Mercedes-Benz 1222AF (Ex-Feuerwehr). Warum der G90 ausgetauscht wurde und warum wir uns für dieses Fahrzeug entschieden haben, steht hier.


Das "neue" Fahrzeug wurde direkt von der Gemeinde Bürstadt gekauft. Dort diente es 31 Jahre lang als LF16 bei der dortigen Feuerwehr.

Nun hatten wir also im November 2016 ein neues Basisfahrzeug. Zunächst mal musste natürlich alles entfernt werden, was nicht mehr gebraucht wurde: Trittbretter, Löschwasserpumpe, Innenausbau des Geräteraumes und natürlich auch dieser selbst. Wohl dem, der einen Kumpel mit ein oder zwei Gabelstaplern hat...

Nun sieht er schon leerer aus. Der 1200 Liter Löschwassertank musste natürlich auch noch runter.

Ursprünglich wollte ich den gesamten Umbau zu Hause unter unserem Car-Port machen. Im Nachhinein betrachtet eine absolut schwachsinnige Idee. Aber wo dann? Glücklicherweise fand ich Unterschlupf in einer Halle meines Kumpels Jörg (der mit den Gabelstaplern). Vielen Dank nochmal an dieser Stelle dafür. Hier war ordentliches Arbeiten möglich. Platz, Werkzeug und meist in rufbarer Entfernung jemand der angreifen konnte und/oder Ahnung von Handwerk hatte.


Hier lässt sich arbeiten...

Erste Maßnahme war das Kürzen des Fahrerhauses auf "Fernverkehrgröße". Die meisten Feuerwehrfahrzeuge haben ein vergrößertes Fahrerhaus für die 9-köpfige Gruppenbesatzung. Für ein Fernreisefahrzeug, das für 2 Personen ausgelegt ist, ist diese Gruppenkabine natürlich viel zu groß und würde die Gesamtlänge und den hinteren Überhang des Autos deutlich verlängern. Also musste die Flex ran und ein gutes Stück (etwa 90cm) wurde herausgetrennt. Somit entspricht das Fahrerhaus nun wieder dem "normalen" Fernfahrerhaus.
Übrigens wird das Original-Fahrerhaus in der Regel vom Feuerwehraufbau-Hersteller verlängert, nicht vom Fahrzeug-Hersteller. Wir haben also quasi den Urzustand wieder hergestellt.

Im Endeffekt war das Kürzen des Fahrerhauses nicht so problematisch, wie ich dachte und hat praktisch nichts gekostet, außer ein paar Tage Arbeit...

Nachdem die Originalrückwand wieder angesetzt wurde, galt es noch ein paar Verstärkungen einzuschweißen. Soll ja schließlich halten...

Die größte Baustelle insgesamt, war der Bau des Hilfsrahmens. Vor allem die Erfahrungen mit unserem vorherigen Rahmen, der sich als nicht tauglich erwiesen hatte und uns auf unserer Seidenstraße/Mongolei-Tour mehrfach gebrochen war, hat dem Thema Zwischenrahmen einen besonderen Stellenwert verliehen.

Mehrere Wochen der Recherche, Gespräche mit anderen Reisenden und unsere eigene Erfahrung, führten dann schließlich zu dem Entschluss, einen Rahmen mit Vierpunkt-Lagerung zu bauen. Diese - manchmal auch Trapez-Lagerung genannte - Lösung, stellt zwar die aufwendigste und letztlich auch schwerste Lagerung dar, aber wir wollten diesmal möglichst keine Kompromisse mehr eingehen. Außerdem haben wir uns bei unserer Konstruktion recht eng an die Aufbaurichtlinien von Mercedes gehalten. Mir ist absolut schleierhaft, warum die Richtlinien der Hersteller so selten bei Hilfsrahmen beachtet werden. Ich würde einschätzen, dass diese nur bei 5% der gebauten Rahmen - auch von "Fachfirmen" - ausreichend beachtet werden. Vielleicht kommen auch daher die ganzen Geschichten von Rahmenproblemen, von denen man immer wieder liest und hört. Zumindest bei Fahrzeugen, die Europa auch mal verlassen und nicht nur auf Straßen bewegt werden.

Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen und hoffe, dass wir mit unserem Rahmen glücklich werden. Darüber will ich aber erst urteilen, wenn damit mehr als 10.000 Pisten-Kilometer absolviert sind. Solange bleibt es beim bisher noch guten Gefühl...  😉

An dieser Stelle ist es mir ein echtes Anliegen, dem "Erbauer" unseres Rahmens besonders zu bedanken. Ich war nämlich nur Ideengeber und Handlanger. Ohne meinen alten Freund Jürgen - seines Zeichens ein quasi genialer Maschinenbauer und Handwerker - wäre ich an dieser Aufgabe sicher gescheitert, zumindest wäre die Umsetzung um Welten schlechter geworden. Vielen Dank für die vielen Stunden am Zeichenbrett und Tage und Wochen in der Werkstatt an der Richtplatte. Nicht nur das dabei ein fertiger Hilfsrahmen herauskam, ich habe dabei auch wieder sehr viel gelernt. Vielen Dank für all das, Jürgen.

Der "Montagerahmen", quasi das Unterteil des Hilfsrahmens, liegt auf dem Hauptrahmen auf und wird angepasst.

Zwischendurch wurde auch mal ein Verschränkungstest gemacht. Dazu wurden auf den Rahmen 2 Betonplatten und zwei gefüllte 1100-Liter-Gebinde gestellt. Dann wurden diagonal zwei Räder angehoben. Man sieht, dass sich die größte Verschränkung im Bereich hinter dem Fahrerhaus abspielt. Das Kantholz unter der Betonplatte lag ursprünglich auf beiden Rahmenseiten auf. Und da geht noch mehr. Wir haben hier nicht mal die Verschränkung des Fahrgestells voll ausgereizt.

Festlager (hier im Bild beim Anpassen) und Drehlager wurden aus Mercedes-Teilen, bzw. nach Mercedes-Vorgaben hergestellt.

Nachdem der Hilfsrahmen soweit fertig war, musste ein erstes Mal unser Wohnkoffer, der sich noch auf dem Vorgängerfahrzeug befand, abgehoben...
... und auf dem neuen Hifsrahmen ausgerichtet werden. Warum?
Nun, wir haben uns entschieden, den Koffer zwar an den vorhandenen Containerlocks des Shelters zu befestigen, aber am Hilfsrahmen keine Twistlocks zu verbauen. Auf den Rahmen wurden lasergeschnittene Aufnahmen geschweisst, die passgenau in die Ausschnitte der Containerlocks greifen. Diese Aufnahmen verhindern die Bewegung des Koffers in alle Richtungen horizontal, so dass die senkrechten Schrauben "nur" ein Abheben des Koffers verhindern müssen. Um diese Aufnahmen spielfrei an allen 4 Ecken auszurichten, wollten wir nicht nur messen, sondern haben den Koffer einmal auf den Kofferrahmen aufgesetzt, die Aufnahmen in die Containerlocks eingelegt und von unten angeheftet. Anschließend wurden diese ordentlich verschweisst und Verstärkungen angebracht.

Neben den Arbeiten am Hilfsrahmen ging es natürlich noch an vielen anderen Gewerken weiter: Tanks und Staukisten wurden montiert und die Bereifung geändert. Statt der kleinen Feuerwehr-Standardbereifung wurden Reifen in der Größe 14.00R20 montiert. Hier sieht man den deutlichen Größenunterschied. Damit diese Reifengröße an der Vorderachse passte, mussten Kotflügel und Einstiegsstufen etwas bearbeitet werden.

Irgendwann war dann auch der Hilfsrahmen komplett fertig und lackiert und konnte endmontiert werden. Ein Hoch auf den vorhandenen Deckenkran in der Halle. Hier hängt der Montagerahmen mit den Lageraufnahmen dran.

Das Feuerwehr-Rot musste natürlich irgendwann auch weichen und so wurde die Halle kurzerhand zur Lackierkabine umgestaltet und das Fahrerhaus, unter Zurhilfenahme von mehreren Heizstrahlern bei eigentlich viel zu niedrigen Temperaturen, "kieselgrau" lackiert.

Sieht doch schon ganz ordentlich aus...

Irgendwann war dann auch Zeit für die "Hochzeit" und so wurde unter den Augen eines Kameramanns des Saarländischen Rundfunks zum zweiten und letzten Mal der Wohnkoffer von unserem Vorgängerfahrzeug abgehoben...

... und auf das neue Fahrgestell aufgesetzt.

Neben dem, was hier auf Bildern zu sehen war, wurde natürlich noch eine Unmenge weiterer Arbeiten ausgeführt: Durchgang zwischen Fahrerhaus und Wohnkabine, Verlegung der Druckluftkessel in den Rahmen, Verlegung des Batteriekastens in den Rahmen, Halterungen für zwei Tanks und für 4 Staukisten, Heckträger für Ersatzrad und Kisten, Unterfahrschutz, Seilwinde und 1.000 Dinge mehr...

Letztendlich hat der Umbau des Fahrgestells doch viel länger gedauert als ursprünglich geplant. So ist das wohl immer... 😉

Aber ich glaube, es ist eine runde Sache dabei herausgekommen. Und jetzt, da ich diese Zeilen in er Nähe des Nordkaps schreibe, hat unser neues "Schneggsche" nun auch schon rund 8.000km hinter sich und wir sind bislang mehr als zufrieden.

Ich möchte an dieser Stelle allen danken, die zum Gelingen des Projektes in irgendeiner Weise beigetragen haben. Auf die Gefahr hin, dass ich jemanden vergesse: Marion und Jörg, 2x Jürgen, Manfred, noch zweimal Jörg, Michael, Henry, Dirk, 2x Peter, Heinz, Lukas, Rainer, Stefan, 2x Martin, 2x Frank, 2x Sascha, Harald, Elias, Tschok, Jutta und Benno. Wir danken Euch allen aus vollem Herzen.